Veterinärmedizinische homöopathische Behandlung in der Großtierpraxis

Homepage der V.E.T. GruppeDieser Vortrag wurde auf dem 151. Ärztekongress für Homöopathie in Münster am 13.05.1999 von Dr. K. Drerup aus Senden gehalten. Herr Drerup ist Mitglied des Vereins engagierter Tierärzte e.V., kurz V.E.T. Gruppe.

Bei meinen Ausführungen zur homöopathischen Behandlung in der Großtierpraxis möchte ich hauptsächlich auf die Therapie von Tieren eingehen, die der Produktion von Lebensmitteln dienen, d. h. fleisch- und milchliefernden Tieren.

Hier bei wird die Aufgabe und Verantwortung der Tierärzte und natürlich auch der Landwirte besonders deutlich: Der Einsatz von Arzneimitteln bei Tieren, die der Lebensmittelproduktion dienen, muss sorgfältig und sachgerecht erfolgen, um in jedem Fall eine Auswirkung auf den Verbraucher als Konsument solcher Lebensmittel zu vermeiden.

Die Rückstandsproblematik von Antibiotika in Lebensmitteln tierischer Herkunft und die Resistenzbildung gegenüber pathogenen Mikroorganismen in der Tier- und Humanmedizin sind hinlänglich bekannt.

Auch die Ausscheidung von Arzneimitteln und deren Verbringen in Form von Gülle oder Mist auf landwirtschaftliche Nutzflächen, d.h. in der Regel Ackerbauflächen muss beachtet werden.

Ein Blick auf den Verbrauch bzw. Einsatz antimikrobieller Stoffe innerhalb der EU 1997 von 5400 Tonnen in der Humanmedizin und 5100 Tonnen in der Tiermedizin verdeutlichen nur die Verantwortung aller Beteiligten beim Umgang mit diesen Substanzen.

Hier macht eine gegenseitige Schuldzuweisung zwischen Human- und Tiermedizinern überhaupt keinen Sinn und dient sicherlich nicht der sachgerechten Lösung dieser Problematik.

Der Einsatz dieser enormen Mengen bei der Behandlung von Infektionskrankheiten, das zunehmende Resistenzproblem von pathogenen Mikroorganismen und natürlich auch die steigenden Kosten haben mich nach Alternativen bzw. zusätzlichen Möglichkeiten der Behandlungen von Krankheiten bei landwirtschaftlichen Nutztieren suchen lassen.

Außerdem sollten wir nicht die Probleme für die Umwelt vergessen, die bei der Produktion von antimikrobiellen Stoffen entstehen können. Viele dieser Stoffe werden inzwischen in Ländern produziert, die erstens nicht so strenge Umweltauflagen haben und zweitens bei der Beschaffung von Devisen viele ethische Aspekte hintanstellen.

Auch muss unser tägliches Handeln und Behandeln der Globalisierung weltwirtschaftlicher als auch ökologischer Zusammenhänge Rechnung tragen.

Bei der Suche nach alternativen Behandlungsmethoden bin ich auf die Homöopathie gestoßen, die sich in meiner Praxis nach inzwischen über 8-jährigem Einsatz als außerordentlich effektiv erwiesen hat. Resistenzbildung und eine Rückstandsproblematik gibt es nach heutigem Wissensstand nicht.

Die Homöopathie ist ein Heilverfahren, welches ganz individuell die Krankheitssymptome eines erkrankten Organismuserfasst und dann ebenso individuell diese behandelt.

Es ist einleuchtend, dass dieses individuelle Vorgehen bei einem einzelnen Tier ebenso anzuwenden ist wie bei einem einzelnen Menschen.

Die Frage für mich war, ob ein solches Vorgehen auch in der Intensivtierhaltung möglich ist, in der nicht die Behandlung eines einzelnen Tieres im Vordergrund steht, sondern die Behandlung einer gesamten Gruppe von erkrankten Tieren.

Dies kann durchaus bedeuten, dass eine Gruppe von mehreren Hundert Tieren, im Geflügelbereich sogar von mehreren Tausend Tieren behandelt werden muss.

Doch dieser Widerspruch - Individualbehandlung in der Human- und Kleintiermedizin /Gruppenbehandlung in der Nutztiermedizin ist nur scheinbar vorhanden, da sich in der modernen Tierhaltung die zum Teil großen Gruppen aus genetisch einheitlichen Tieren meist gleichen Alters und Gewichtes zusammensetzen.

Die Ferkel- Kälber- oder Kükengruppe wird behandelt wie ein Organismus.

Es ist müßig, über die ethischen Probleme der Intensivtierhaltung zu diskutieren. Denn würden die landwirtschaftlichen Produkte gerecht bezahlt, könnte der Landwirt auf die teilweise automatisierte Produktion von Tieren in großen Gruppen verzichten, und ich bin sicher, er würde es auch liebend gerne tun.

Die sogenannte ökologische oder alternative Landwirtschaft ist in ihrer Produktion wesentlich kostenintensiver und wird vom Verbraucher, zumindest in der breiten Masse, nicht akzeptiert bzw. honoriert.

Es macht daher keinen Sinn, auf eine Änderung der ökonomischen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft zu warten oder nach der "guten alten Zeit" zu rufen.

Auch in der modernen Intensivtierhaltung ist eine alternative Tierbehandlung möglich und mindestens genauso erfolgreich wie eine konventionelle Therapie.

In vielen Fällen ist sie auf Grund der fehlenden Rückstands- und Resistenzproblematik dieser sogar überlegen!

Ich möchte Ihnen an einem Beispiel aus der Schweinepraxis das praktische Vorgehen beschreiben:

Ein Landwirt hat eine Gruppe von 200 Schweinen, die er in einem Stall mästet. Die Tiere sind alle etwa 5 Monate alt, stammen genetisch aus einer Zucht. Beim morgendlichen Kontrollgang während der Fütterungszeit stellt er fest,dass ein größerer Teil, vielleicht die Hälfte der Tiere nicht zum Futtertrog kommt. Viele Tiere husten, liegen auf dem Bauch, wollen nicht aufstehen und haben eine beschleunigte Atmung. Eine Temperaturkontrolle mehrere Tiere ergibt eine erhöhte Körpertemperatur von über 40°C.

Der herbeigerufene homöopathisch arbeitende Tierarzt stellt zudem fest, dass die erkrankten Tiere beim Auftreiben husten, sich schnell erschöpft sofort wieder hinlegen wollen. Die Befragung des Landwirtes ergibt zudem, dass in der Nacht die Außentemperatur sehr plötzlich um mehrere Grad gefallen war, zudem weht ein scharfer und kalter Wind.

Der Landwirt verlangt zu Recht eine sofortige Behandlung, um weiteren Schaden von seinen Tieren fernzuhalten. Der Schulmediziner wird in diesem Fall in der Regel ein bewährtes Antibiotikum verschreiben, von dem er sich eine erfolgreiche Bekämpfung des vermuteten Krankheitserregers verspricht. Bei entsprechender Sorgfalt wird er über geeignete Laboruntersuchungen versuchen, den Erreger zu identifizieren und über ein Antibiogramm diesen gezielt zu bekämpfen. Bis zu dem Ergebnis aus dem Labor ist der Tierarzt aber auf seine Erfahrung und sein Gespür angewiesen, da er ja sofort handeln muss.

Der homöopathisch arbeitende Tierarzt ist aber nicht in dem Maße auf einen Laborbefund zur Absicherung seiner Therapie angewiesen.

Das bedeutet natürlich nicht, dass er in seiner Arbeit nicht alle klassischen Diagnostikverfahren benutzt. Auch der homöopathisch arbeitende Therapeut muss sämtliche zu Gebote stehenden Diagnosemöglichkeiten nutzen. Dies gilt natürlich sowohl für die Human- wie Veterinärmedizin.

Dennoch kann er auf Grund seiner eigenen Beobachtungen und der des Landwirtes sofort entscheiden, welche homöopathische Arzneimittel er in dem oben beschrieben Fall einsetzen will.

Die plötzliche Erkrankung, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer klimatischen Abkühlung mit kaltem Wind steht, weist auf Aconitum hin. Der Husten, der bei beginnender Bewegung deutlicher wird, lässt an Bryonia denken. Das hohe Fieber, die Verschlimmerung über Nacht ähneln dem Bild von Belladonna.

In einer Gruppe von 200 Schweinen zeigen natürlich nicht alle erkrankten Tiere das exakt gleiche Krankheitsstadium an. Bei dem einen Tier steht das Fieber mehr im Vordergrund, bei einem anderen mehr der Husten.

Da aber in einer solchen Gruppe eine Einzeltierbehandlung praktisch unmöglich ist, muss gelegentlich eine Kombination von 2 oder 3 Arzneimittel gewählt werden, um die unterschiedlichen Krankheitsstadien zu erfassen.

In meiner Praxis hat es sich bewährt, durchaus mehrere homöopathische Arzneien gemeinsam einzusetzen, vorausgesetzt, daß für jedes einzelne eine Indikation auf Grund der homöopathischen Anamnese gegeben ist.

Der Einsatz von Fertigkombinationspräparaten hat sich in meiner Praxis nicht bewährt, weil bei dieser Vorgabe das individuelle Krankheitsgeschehen viel zu wenig berücksichtigt wird.

Ist das Mittel oder die Kombination einiger Mittel richtig gewählt, so erübrigt sich in der Regel eine weitere Behandlung, die sich aus dem Ergebnis einer Laboruntersuchung ergeben könnte.

Die homöopathische Behandlung fragt eben nicht nach dem Krankheitserreger. Hat die Laboruntersuchung das Vorliegen einer Pasteurella multocida -Infektion und Tetracyclin als das Antibiotikum der Wahl ergeben, so bedeutet dies eben nicht den zwangsläufigen Einsatz von Tetracyclin.

Ist es dem homöopathisch arbeitenden Therapeuten gelungen, die gestörte Regulation der erkrankten Tiere wieder in eine ungestörte Regulation zu lenken, so werden die Tiere mit dem Kontakt mit Pasteurella multocida fertig und werden die Infektion überwinden.

Nicht der Krankheitskeim als solcher ist die Hauptursache der Erkrankung, sondern vielmehr die Störung der harmonischen Lebensvorgänge der einzelnen Tiere hat die Erkrankung, hier in diesem Beispiel eine Infektion mit Pasteurella multocida, ermöglicht.

Hierbei spielen Fütterungsart, Futterzusammensetzung und -qualität, Futterwechsel, Stallklima, Hygiene usw. eine entscheidende Rolle im Zustandekommen und in der Ausprägung der Erkrankung.

Hier wird auch der Unterschied zwischen der klassischen Schulmedizin und der Homöopathie deutlich. Schulmedizinisch werden viel zu wenig die neben pathogenen Mikroorganismen beteiligten Krankheitsursachen berücksichtigt.

So sind die homöopathisch arbeitenden Therapeuten eindeutig weitsichtiger. Die Erfassung aller Symptome der Erkrankung sowie aller wichtigen Begleitumstände ermöglicht ihnen nach meinem Verständnis eine wesentlich kausalere Behandlung.

Dass dieses Vorgehen auch in der täglichen tierärztlichen Praxis möglich ist und nicht im Widerspruch zur modernen Intensivtierhaltung in der heutigen Landwirtschaft steht, konnte ich bei der Behandlung von vielen Tausend Tieren in den vergangenen Jahren erfahren.

Außerdem ist die Behandlung von Tieren mit homöopathischen Arzneimitteln in der Regel deutlich kostengünstiger. Rechnet man noch das Wegfallen von Wartezeiten, wie sie beim Einsatz von allopathischen Mitteln vorgeschrieben sind, so ist die Kostensituation noch ungleich günstiger.

Ich habe in meinen kurzen Ausführungen bewusst auf grundsätzliche Erklärungen der Homöopathie und auf Verweise auf Samuel Hahnemann als ihren Begründer verzichtet.

Es war mir wichtig, Ihnen zu zeigen, dass nach meiner Ansicht und durch eigene Erfahrung bestätigt moderne Medizin, landwirtschaftliche Intensivtierhaltung und Homöopathie keinen Widerspruch darstellen, sondern vielmehr zum Nutzen aller Beteiligten hervorragend zusammenpassen.

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