Gefährliche Keime
Mängel bei der Lebensmittelhygiene

Mit der Lebensmittelhygiene steht es in Deutschland nicht zum besten. Im Jahr 2000 hat die Zahl der Lebensmittelproben, in denen Krankheitserreger nachzuweisen waren, gegenüber dem Jahr zuvor teilweise stark zugenommen. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Berliner Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin kürzlich vorgestellt hat. Zu einem Anstieg bei den Erkrankungen ist es aber offenbar nicht gekommen. In den beiden Jahren wurden jeweils 200000 durch Lebensmittel verursachte Infektionen gemeldet.

Meist sind es Salmonella- und Campylobacter-Keime, die zu Darminfektionen führen. Das Bundesinstitut äußert sich besorgt darüber, daß die Zahl der mit diesen Bakterien kontaminierten Lebensmittelproben im Jahr 2000 erheblich zugenommen hat, nachdem sie in den Jahren zuvor rückläufig gewesen ist. In küchenfertigem Fleisch von Rind, Kalb und Schwein waren Salmonellen fünfmal so oft nachzuweisen wie 1999. Insgesamt 2,5 Prozent der Proben erwiesen sich als verunreinigt. Auch bei Hackfleisch wurden die Untersuchungsämter der Länder öfter fündig als im Vorjahr.

Zu besonderer Vorsicht rät das Bundesinstitut bei Geflügelfleisch. Fast ein Fünftel der untersuchten Masthähnchen und Hühner war mit Salmonellen behaftet. Ähnlich hoch war der Anteil der mit Campylobacter verunreinigten Proben. Was den Salmonellenbefall von Eiern betrifft, war ebenfalls eine Zunahme festzustellen. Der gefundene Anteil von rund 0,5 Prozent wird aber noch als niedrig eingestuft. Diese Bewertung gilt auch für Fertigprodukte wie Teigwaren, in denen Ei enthalten sein kann, obwohl man auch hierbei häufiger fündig geworden ist.

Gegen die Verbreitung von Salmonellen und Campylobacter-Keimen in den Geflügelbeständen wird immer noch nicht konsequent genug vorgegangen. Auch beim Schlachten läßt die Hygiene zu wünschen übrig. Einer Studie des Bundesinstituts zufolge zielten die Verbesserungen in der Schlachttechnik vor allem auf eine Steigerung der Geschwindigkeit ab. Aus hygienischer Sicht sind sie aber nach wie vor unbefriedigend. Nötig seien etwa Vorsorgemaßnahmen bei der Reinigung der Transportkisten sowie beim Brühen und Rupfen.

Öfter als im Jahr zuvor hat man in den Lebensmittelproben auch Listerien gefunden. Verunreinigt waren vor allem Hackfleisch und andere nicht erhitzte Fleischprodukte sowie Fisch und Meerestiere. Schon lange fordert das Bundesinstitut, die Listerien-Verunreinigung verzehrfertiger Lebensmittel durch geeignete Maßnahmen auf weniger als hundert Keime pro Gramm zu begrenzen. Liegt die Keimzahl höher, bestehe bereits ein Erkrankungsrisiko. Bei der jüngsten Untersuchung sind bisweilen mehr als 10000 Keime von Listeria monocytogenes in Milchprodukten entdeckt worden. Die Berliner Behörde wiederholt daher die dringende Empfehlung, Rohmilch vor dem Verzehr unbedingt ausreichend zu erhitzen.

In Rohmilch, die direkt vom Hof verkauft wurde, fanden sich auch öfter als im Jahr zuvor sogenannte Verotoxin bildende Kolibakterien. Diese gelten als besonders gefährlich. Sie können zu schweren Infektionen und sogar zu Nierenversagen führen. Möglicherweise hängt der Anstieg aber damit zusammen, daß die Nachweisverfahren für diese Kolibakterien verbessert worden sind.

REINHARD WANDTNER

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2001

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