Kochschinken leicht gemacht

Entscheidendes Gen gefunden / Steuerung des Energiehaushalts

Die Züchtung von Schweinen zur Produktion von Kochschinken dürfte in Zukunft wesentlich erleichtert werden. Die Schinkenherstellung ist oft schwierig, weil bei dem Fleisch vieler Tiere oft zu viel Wasser austritt. Offensichtlich .ist dafür ein einzelnes Gen verantwortlich, das zu einem niedrigen Säurewert im Fleisch und hei der Herstellung von Schinken zum Wasserverlust fuhrt. Beträchtliche wirtschaftliche Einbußen sind die Folge. Wie Forscher des Instituts für Tierzucht und Tierhaltung der Universität in Kiel in der Zeitschrift "Science" (Bd. 288, S. 124S) berichten, ist es ihnen zusammen mit französischen und schwedischen Kollegen gelungen, eine Variante des verantwortlichen Gens zu isolieren und einen einfachen gendiagnostischen Test zu entwickeln. Die Kieler Arbeitsgruppe um Ernst Kalm und Christian Loofi arbeitet seit Anfang der achtziger Jahre an der Identifizierung und Isolierung dieser Erbanlage. Um das Gen auf Chromosom 15 zu finden, nutzen die Tierzüchter eine Besonderheit bei Schweinen der Rasse Hampshire. Deren Fleisch weist nach dem Schlachten einen besonders niedrigen Säurewert auf. Ursache ist ein geringfügig höherer Glykogengehalt, so dass nach dem Abbau vermehrt Laktat gebildet wird und anschießend der Säuregrad stark sinkt.   Durch aufwendige Zuchtprogramme und mit Hilfe von molekularbiologischen Verfahren konnten die Agrarforscher die Lage des Gens auf dem Chromosom eingrenzen. Für die exakte Bestimmung der Erbeigenschaft haben die Kieler Wissenschaftler auch die Genkarte des Menschen genutzt, die in großen Teilen mit der von Schweinen übereinstimmt. Auf diese Weise konnte das Gen sequenziert und anschließend dessen Funktion nachgewiesen werden. Der jetzt entwickelte Gentest lässt sich in der Züchtung nutzen. Gezielt können nun Tiere mit besonders guten Fleischeigenschaften für die nächste Generation ausgewählt werden. Der Gentest ist beim Europäischen Patentamt zur Patentierung angemeldet worden und wird bereits weltweit von einer großen Anzahl von Zuchtunternehmen angewendet. Das Forschungsprojekt -zeigt nach Auffassung von Christian Looft, dass die Genomanalyse in der Tierzucht wertvolle Ergebnisse liefert, die letztlich der Verbesserung der Nahrungsqualität dienen. Aber auch die Humanmedizin kann umgekehrt von den Erkenntnissen aus der Tiergenetik profilieren. So gibt es Hinweise, dass das isolierte Gen einen Teil des Energiestoffwechsels steuert und so möglicherweise auch den Alters-Diabetes beim Menschen beeinflusst. öle.

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Juni 2000

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