"Auch Konfitüre mit Schadstoffen ist naturrein" 

ebo. FRANKFURT, 4. April. Eine Konfitüre darf nach europäischem Recht auch dann als "naturrein" bezeichnet werden, wenn sie geringe Mengen an Cadmium-, Blei- und Pestizidrückständen enthält. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Dienstag entschieden (C-465/98). Blei und Cadmium seien wegen der Verschmutzung von Luft und Wasser in der Umwelt vorhanden, befanden die Richter. Da Gartenfrüchte in der natürlichen Umwelt angebaut würden, seien sie den dort vorhandenen Schadstoffen zwangsläufig ausgesetzt. Auch der "natürliche" Anbau schließe nicht aus, dass auf Gartenfrüchten Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln vorhanden seien. In dem Rechtsstreit ging es um die Inhaltsstoffe einer in Österreich hergestellten Erdbeerkonfitüre, die auch in Deutschland vertrieben wird. Der Kläger hatte unter anderem geltend gemacht, es sei irreführend, die Konfitüre als "naturrein" zu bezeichnen, obwohl sie Schadstoffrückstände enthalte. Der Gerichtshof befand jedoch, die europäische Etikettierungsrichtlinie verbiete diese Bezeichnung nicht. Auch die Verwendung des Geliermittels Pektin schließe es nicht aus, die Konfitüre als "naturrein" auszuweisen. Nach den Feststellungen des Gerichtshofs entsprachen die Blei- und Cadmiumrückstände in der Konfitüre einem Fünfzigstel beziehungsweise einem Fünfundzwanzigstel der in Deutschland geltenden Höchstwerte.

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.00

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