Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass gesunde Ernährung Ihren Preis hat

Grundlegende Verhaltensänderungen von Verbrauchern und Landwirten fordert der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz in Deutschland, Professor Dr. Hartmut Vogtmann. "In den letzten 100 Jahren sind 75 Prozent der Nutzpflanzen verloren gegangen. Damit ist nicht nur die Kulturlandschaft ärmer geworden, sondern auch die Vielfalt der Geschmacksrichtungen", schreibt Vogtmann in einem Exklusiv-Beitrag für Reader's Digest. "Wir brauchen in unserer Gesellschaft eine Diskussion darüber, was uns unsere Ernährung wert ist und welche Bedingungen für eine gesunde Ernährung existieren müssen", fordert Vogtmann in der soeben erschienenen Oktoberausgabe des Magazins.

Massive Kritik übt Vogtmann an dem "geradezu wahnhaften Zwang" der konventionellen Landwirtschaft, große Mengen an Lebensmitteln zu erzeugen: "Diese Überschussmengen werden hoch subventioniert und billig auf dem Weltmarkt angeboten oder gar vernichtet. Die Folgen sehen wir nun in der Krise der Landwirtschaft".Die Annahme, dass wir uns Ökolandbau nicht leisten können, sei falsch, meint Vogtmann: "Bei den Preisen für die landwirtschaftlichen Produkte streuen wir uns Sand in die Augen. Denn wenn man die Steuern berücksichtigt, die der Verbraucher für die Agrarsubventionen aufbringt, kostet dieses subventionierte Schnitzel tatsächlich viel mehr, als auf dem Preisschild steht".

Bei der Neuorientierung der Landwirtschaft sieht Vogtmann vor allem die EU-Agrarpolitik am Zug. "Dazu müssen die Subventionen für die Großbetriebe abgeschmolzen werden und die Finanzhilfen an Umweltauflagen und Naturschutzkritierien gekoppelt werden". Die Verbraucher sollten begreifen, dass eine naturverträgliche Landwirtschaft nicht nur Milch, Getreide und Gemüse erzeugt, sondern auch die Landschaften intakt und das Wasser sauber hält. Und sie sollten weniger Fleisch essen, so Vogtmann: Dadurch könne die Fläche vergrößert werden, auf der ökologischer Landbau betrieben wird.

"Aber gesunde und gute Lebensmittel haben ihren Preis. Das sollten die Verbraucher verstehen. Manche geben noch immer mehr Geld für einen Liter Motoröl aus, den sie in den Motor ihres Wagens schütten, als für Speiseöl, mit dem sie sich den Salat anmachen".

Professor Dr. Hartmut Vogtmann ist seit Januar 2000 Präsident des Bundesamtes für Naturschutz in Deutschland mit Sitz in Bonn.

aus Reader's Digest vom 24.09.20001

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