Willkommene Abwechslung auf den Reisfeldern

Mischkulturen verhindern Ausbreitung schädlicher Pilze / Ertragssteigerungen in China

Wenn Feldfrüchte auf großen Flächen angebaut werden, sind sie besonders anfällig für Krankheiten. Pilze und andere Parasiten gedeihen oft so prächtig, daß sie die Ernteerträge beträchtlich schmälern. Daß solche Einbußen zuweilen recht einfach vermieden werden können, zeigte kürzlich ein großangelegter Feldversuch in China. Wie Forscher um Youyong Zhu von der landwirtschaftlichen Universität Yunnan in der Fachzeitschrift "Nature" (Bd. 406, S.718) berichten, sollte man auf ein und demselben Reisfeld eine Mischung aus verschiedenen Sorten anbauen. Damit läßt sich insbesondere der Pilzbefall wirkungsvoll eindämmen, ohne auf Fungizide zurückgreifen zu müssen. Von den Krankheitserregern, die Reispflanzen heimsuchen, wird der parasitische Pilz Magnaporthe grisca am meisten gefürchtet. Wo er Blätter und Ähren mit brandigen Flecken verziert, fällt die Ernte ziemlich mager aus. Das Bergland von Yunnan mit seinem kühlen und feuchten Klima bietet diesem Pilz optimale Lebensbedingungen. Deshalb pflanzen die Bauern dort vor allem Hybrid-Reis, der gegen Pilzinfektionen weitgehend resistent ist. Für bestimmte Süßigkeiten und andere Spezialitäten braucht man jedoch klebrige Sorten. Solcher Reis, dessen Körner nach dem Kochen gut aneinander haften, erzielt hohe Preise. Da er stark unter Pilzbefall leidet, war der Anbau bislang trotzdem. nicht unbedingt lukrativ. Wenn jede Reihe von mindestens vier Reihen Hybridreis frankiert wird, ist der Pilz allerdings kein Problem mehr. In: diesen Mischkulturen sinkt die Infektionsräte um 94 Prozent, während die Erträge um, 89 Prozent zunehmen, Der Gewinn liegt um 14 Prozent höher als bei Hybridreis in Monokultur, im Vergleich mit separaten Klebreisfeldern sogar um 40 Prozent. Da ohnehin von Hand geerntet wird, lassen sich die unterschiedlichen Sorten problemlos trennen. Kein Wunder, daß die chinesischen Wissenschaftler wenig Mühe haben, die Bauern für ihr Konzept zu begeistern. Innerhalb von drei Jahren vergrößerten sich die einschlägigen Anbauflächen um das Fünfzigfache auf mittlerweile mehr als vierzigtausend Hektar. In den Mischkulturen ist der Pilzefall auch bei Klebreis so gering, .daß die Landwirte auf Fungizide verzichten können. Erstaunlicherweise kommt die Mischung verschiedener Sorten aber nicht nur den empfindlichen Pflanzen zugute. Auch der robuste Hybridreis profiliert von seinen neuen Nachbarn, wenngleich sich die ohnehin geringe Infektionsrate nur selten um mehr als die Hälfte verringert. Möglicherweise behindert der hochwüchsige Klebreis die Ausbreitung der Pilzsporen. Daß er das lokale Klima günstig beeinflußt, ist ebenfalls denkbar. Klimatische Effekte mögen auch bei der Ertragssteigerung der klebrigen Reissorten eine Rolle spielen. Offenbar existieren von dem Pilz zahlreiche genetische Varianten, die jeweils auf eine bestimmte Reissorte spezialisiert sind. In de n üblichen Monokulturen können sich ihre Sporen ungehindert ausbreiten und immer wieder neue Pflanzen befallen. Wenn der heikle Klebreis zwischen anderen Sorten plaziert wird, landen viele Pilzsporen auf Pflanzen, die ihnen nicht zusagen. Dort richten sie wenig Schaden an. Sie können sogar einen positiven Effekt ausüben, indem sie gewissermaßen als Schutzimpfung wirken: Wenn die Reispflanzen anschließend von einer aggressiveren Pilzvariante attackiert werden, sind sie bereits entsprechend gerüstet und können die Infektion leichter abwehren. Daß eine gute Mischung mitunter höhere Erträge liefert als jede einzelne Sorte, ist keine völlig neue Erkenntnis. Der chinesische Großversuch sollte andere Agrarwissenschaftler ermutigen, dieses simple und ökologisch völlig, unbedenkliche Verfahren häufiger zu erproben. Manche Pflanzenkrankheiten lassen sich damit offenbar ebenso effizient wie kostengünstig bekämpfen.

DIEMUT KLÄRNER

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.11.00

[Übersicht] [Startseite]