Schulterschulterschluss zum Schutz des Trinkwassers

Erfolgreiche Kooperation mit von Wasserwerken und Landwirten / Weniger Pestizidreste und Nitrat

Die Qualität des Trinkwassers wird durch die Landwirtschaft oft beeinträchtigt. Immer wieder gibt es Konflikte mit den Wasserwerken, weil erhöhte Mengen an Nitrat oder Pflanzenschutzmitteln gefunden werden. Doch Düngung und Pflanzenschutz sind unabdingbar, will der Landwirt hohe Erträge erzielen. Dass sich die Konflikte dennoch langfristig durch eine Aufklärung und Beratung der Landwirte entschärfen lassen, zeigen die Bemühungen im Einzugsgebiet der Stevertalsperre in Nordrhein-Westfalen, wo seit nunmehr zehn Jahren versucht wird, durch eine Kooperation zwischen den beteiligten Gruppen die Wasserqualität zu verbessern.

In den neunziger Jahren war deutlich geworden, dass die Trinkwasserqualität in dem mehr als 88 000 Hektar großen Gebiet gefährdet ist. Im Einzugsgebiet des Haltener Stausees waren mehrfach Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen worden -- in einer Region, aus der rund 1,5 Millionen Menschen ihr Trink- wasser beziehen. Mehr als die Hälfte des Gebietes - über 50 000 Hektar - wird landwirtschaftlich genutzt. Den Wasserwerken lag deshalb die Kooperation mit der Landwirtschaft am Herzen. Ziel war es die Verwendung von Düngern und Pflanzenschutzmitteln so abzustimmen, dass die Bauern die Umwelt weniger belasten und gleichzeitig Kosten sparen.

Die Untersuchungen von Detlef Gebel und Siegfried Eickelberg von der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe zeigen, dass das Konzept richtig ist. Besonders kritisch war über viele Jahre die Belastung des Wassers mit Unkrautvernichtungsmitteln aus der Gruppe der Phenylharnstoffe. Nach starken Regenfällen war das Wasser immer wieder stark belastet. Die Landwirte wollten wegen der guten Wirkung gegen den Ackerfuchsschwanz jedoch nicht auf diesen Wirkstoff verzichten. Damit sie weniger davon verbrauchen, wurden die Bauern über andere Anbauverfahren informiert, die den Herbizidaufwand verringern. Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, die Feldfrüchte zu wechseln, da sich der Ackerfuchsschwanz nur in Winterweizen oder Wintergerste stark vermehrt. Wird zudem im Sommer eine Frucht, beispielsweise Mais, angebaut, gedeiht das Unkraut auch wesentlich schlechter. Nicht gut bekommt es dem Unkraut auch, wenn der Winterweizen erst im Oktober und nicht schon wie früher üblich im September gesät wird.

Seit einiger Zeit gibt es zudem neue Herbizide die längst nicht mehr so schnell ins Grundwasser gelangen und in wesentlich kleineren Mengen als die Phenylharnstoffe, versprüht werden können. Sie werden von den Landwirten inzwischen häufiger verwendet. Der Umstieg wurde anfangs dadurch erleichtert, dass die Wasserwirtschaft den Landwirten die Preisdifferenz zu den neuen, teureren Mitteln erstattete. Mittlerweile ist dieser finanzielle Ausgleich nicht mehr nötig. Insgesamt ist die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln stetig zurückgegangen. Die neuen Wirkstoffe sind bislang überhaupt noch nicht im Oberflächenwasser nachgewiesen worden.

In der Region werden aber nicht nur Nutzpflanzen in großem Stil angebaut, sondern auch viele Nutztiere gehalten. Der dabei anfallende organische Dünger wie Gülle und Stallmist wurde früher oft direkt in die Gewässer geleitet oder unkontrolliert auf die Äcker gekippt. Bei Messungen im Kreis Coesfeld im Jahr 1988 lagen knapp 14 Prozent der Werte über der zugelassenen Höchstmenge von 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Bis 1995 waren nur noch halb so viele Messwerte zu beanstanden. Wiederum brachte offenbar die konsequente Beratung der Landwirte den Erfolg. Wie Ludger Laurenz von der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe berichtet, lassen die Landwirte heute dreimal so häufig den Stickstoffgehalt im Boden untersuchen wie früher.

Die Bauern stimmen darauf ihre Düngung ab. Auch dies deutet auf ein wachsendes Bewusstsein bei den beteiligten Landwirten hin. Allerdings ist die Belastung des Wassers mit Stickstoff nicht im gleichen Maße wie die Düngermenge gesunken. Das liegt nach Ansicht der Wissenschaftler an dem starken Einfluss der Witterung. Wenn es auf den abgeernteten Feldern wie in den vergangenen Jahren häufig im Winter stark regnet, wird überdurchschnittlich viel Stickstoff aus dem Boden ausgewaschen, selbst wenn weniger Dünger ausgebracht wurde. Deshalb sollen künftig besonders auf den sandigen Standorten vermehrt Winterkulturen angebaut werden.

Die Pflanzen entwickeln dann schon im Herbst ein großes Wurzelwerk und binden dadurch vermehrt Stickstoff aus dem Boden. Zudem wollen die beteiligten Wasserwerke das Projekt auch in den nächsten Jahren finanziell fördern. So soll dafür gesorgt werden, dass die Spritzgeräte mit Düsen ausgerüstet werden, die das Abdriften der Pflanzenschutzmittel beim Versprühen mindern. Zudem sollen die Stickstofftests im Boden weiterhin gefördert werden. 

OLAF CHRISTEN

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2000

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