Glückliche Vogelwelt

Nutznießer des Naturschutzes / Wirtschaftswachstum mit Folgen

Ein zunehmender wirtschaftlicher Wohlstand ist der biologischen Vielfalt eines Landes auf längere Sicht meistens abträglich. Die Zahl der Arten geht bei vielen Tier- und Pflanzengruppen häufig in dem Maße zurück, wie der Wohlstand der Menschen - aber eben zumeist auch der Landschaftsverbrauch und die Umweltverschmutzung - wächst. Von den Naturschutzmaßnahmen, die dann häufig getroffen werden, profitieren vergleichsweise wenige Arten. Lediglich die Vögel scheinen einen besonderen Schutz zu genießen, wie Robin Naidoo und Wiktor Adamowicz von der Universität Alberta/Kanada, herausgefunden haben. Die beiden Wissenschaftler werteten die verfügbaren Daten aus 139 Ländern aus. Dabei zeigte sich ihrer Einschätzung nach ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Pro-Kopf-Einkommen und der Anzahl bedrohter Arten. Das betrifft insbesondere Reptilien, Amphibien wirbello- se Tiere und Pflanzen. Bei Säugetieren und Fischen ließ sich kein Zusammenhang zum Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung nachweisen. Die Ergebnisse zeigen nach Meinung der Forscher, dass die Maßnahmen des Naturschutzes überwiegend solchen Arten zugute kommen, die der Mensch ansprechend findet. Das gilt insbesondere für die Vögel. Wegen ihres oft farbenfrohen Äußeren eignen sich Vögel besser als die meisten anderen Organismen als "Zugpferde" für Spendenkampagnen. Das hat sich schon bei früheren Erhebungen angedeutet. So erhalten in den Vereinigten Staaten eine kleine Zahl von Vogelarten wie der Seeadler einen großen Teil der in den Naturschutz fließenden Spenden. Die Wissenschaftler plädieren deshalb dafür, angesichts der ungünstigen Entwicklung bei den anderen Organismusgruppen den Blick auf die zahllosen kleinen und weniger ansehnlichen Arten zu richten. irs

Aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.06.2000

[Übersicht] [Startseite]