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Deutschlandfunk: Umwelt und Landwirtschaft
Manuskript vom: 2.6.2003 • 16:35

Groß angekündigt und gefeiert, aber ein Flop ohnegleichen -

die Umstellungsförderung auf Alternativ-Eier

Die Investitionshilfe soll Hennenhaltern einen Anreiz geben, ihre Eierproduktion schon vor dem Käfigverbot Ende 2006 auf alternative Haltung umzustellen. Die Förderung richtet sich auch an große, gewerbliche Eier-Unternehmen, die sonst keinen Anspruch auf Agrar-Förderung haben. Bedingung ist, dass diese ihre bestehenden Käfige abreißen und in den neuen Ställen nicht mehr Eier produzieren als vorher. Dafür gibt es billiges Geld vom Staat, der den Investitions-Kredit 20 Jahre lang um bis zu 3 Prozent verbilligt. Doch der „besondere Impuls“ für den Tierschutz, der laut Merkblatt des Ministeriums hiervon ausgehen sollte, lässt auf sich warten. Hans Jürgen Ploog, Vorstandsmitlied der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die das Programm im Auftrag der Bundesregierung abwickelt, mit einer ersten
Bilanz:

Das Programm ist im September vergangenen Jahres angelaufen, an sich sehr schleppend angelaufen, und wir haben für das Jahr 2002 vier Zusagen machen können, das betrifft ein Volumen von 1,2 Millionen Euro. Im Jahr 2003 haben wir insgesamt Zusagen machen können inzwischen von, ganz aktuell, 5,45 Millionen Euro. Insgesamt, also das Jahr 2002 und 2003 zusammengenommen, betrifft das 367.000 Legehennenplätze, die von diesen Umstellungen berührt sind.

Ausgelegt ist das Förderprogramm auf das Zehnfache, doch bislang werden mit seiner Hilfe erst 1 Prozent der Käfigplätze in Deutschland umgestellt. Bewilligt wurden bis heute ganze 10 Alternativ-Investitionen, überwiegend in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Ursprünglich war das Programm bis Ende 2002 befristet, doch weil kaum nachgefragt, wurde es Anfang dieses Jahres bis Ende 2004 verlängert. Man sei da wohl „etwas zu optimistisch ’ rangegangen,“ meint ein Beamter des Verbraucherministeriums, der bloß nicht zitiert sein will. Die offizielle Version des Ministeriums lautet dagegen, die Nachfrage werde noch „sprunghaft ansteigen“, je näher das endgültige Käfigverbot rückt. Klaus – Peter Linn vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft in Bonn dagegen nennt das Förderprogramm schlichtweg „lächerlich“, denn es gehe es am Markt vorbei:

Zur Zeit ist in Deutschland kaum ein Legehennenhalter bereit, dieses Risiko einzugehen, in alternative Haltungsformen zu investieren. Das hat zwei Gründe. Der erste Grund: der Markt für Alternativ-Eier ist in Deutschland gesättigt. Sollte ein Legehennen-Halter sich dazu entschließen, in diesen Markt jetzt neu zu produzieren, dann ist er natürlich einem großen Risiko unterworfen. Und der zweite Grund ist: eine Umrüstung von Käfighaltung auf alternative Haltungsformen macht immer eine Neugenehmigung der Anlage durch die Umweltbehörden erforderlich. Und in den allermeisten Fällen wird diese Genehmigung nicht erteilt werden können.

Boden- und Volierenhaltung haben nämlich erheblich höhere Staub- und Ammoniak-Emmissionen als Käfige - die eine Haltung lässt sich nicht ohne Weiteres gegen die andere austauschen. Doch, so fragt Klaus - Peter Linn, selbst wenn gebaut werden kann: "Was nützt Ihnen die Investitionsförderung wenn Sie anschließend die Produkte nicht verkaufen können?" Der Absatz von Alternativ-Eiern ist nämlich rückläufig, im Jahr 2002 sanken die Verkaufszahlen um 5 Prozent und der Preisaufschlag für Boden und Freilandhaltung deckt oft nicht die zusätzlichen Kosten der Produzenten. Denn jedes vierte Alternativ-Ei lässt sich gar nicht als solches vermarkten, berichtet die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle ZMP nach einer aktuellen Umfrage unter kleinen und mittleren Betrieben. Hier werde es in der Mehrzahl nicht zu einem Umbau der Haltung kommen, sondern Ende 2006 zur Betriebsschließung, während Großbetriebe nach Osteuropa abwanderten. Und so ist, fast ein Jahr nach Verkündung des Förderprogramms für tiergerechte Haltungsverfahren von Legehennen, weniger als ein Zehntel der 12,8 Millionen Euro für die Umstellung verwendet.

© DeutschlandRadio 2003

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