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Deutschlandfunk:  Umwelt und Landwirtschaft
Manuskript vom: 2.10.2002 • 16:35

Deutscher Bauernverband über Agrarberufe

Wie lassen sich Nachwuchskräfte gewinnen?

Der deutschen Landwirtschaft geht der Nachwuchs aus - was auch auf den ersten Blick nicht verwundert. Lebensmittelskandale, oft ausgelöst durch einige schwarze Schafe, haben das Image stark beeinträchtigt. Mit einem geregelten Acht-Stunden-Tag ist es häufig auch nicht getan. Und mit der geplanten Erweiterung der Europäischen Union droht neue Konkurrenz. Außerdem verunsichern in diesem Zusammenhang die Pläne um radikale Einsparmaßnahmen im Agrarbereich. Alles zusammengenommen sind die Perspektiven für ein Leben und Arbeiten als Landwirt nicht gerade rosig. Der Deutsche Bauernverband, die größte Interessenvertretung der Landwirte, will dem nun entgegensteuern und sich gezielt um den Nachwuchs kümmern. In der Andreas-Hermes-Akademie in der Nähe von Bonn findet derzeit eine Tagung statt zu der Frage, wie lassen sich Nachwuchskräfte für die Landwirtschaft gewinnen.

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Landwirt, das sind vierzig Berufsbilder und als Öffentlichkeitsarbeiter sage ich, jedes Berufsbild muss über Menschen, die es darstellen, in die Öffentlichkeit gebracht werden und die Menschen müssen zusammengeführt werden.

Wolfgang Reineke ist Unternehmensberater. Er will versuchen, Wege zu finden, die Berufe in der Landwirtschaft besser nach außen hin darzustellen. Die Medien sind dabei ein wichtiges Mittel:

Radio wird gehört, Fernsehen wird zur Kenntnis genommen, online entwickelt sich mehr und mehr auch als preiswertes Instrument, aber alles das ist für die Katz', wenn die Menschen nicht zusammengeführt werden.

Dabei können auch die Tage der offenen Bauernhöfe helfen. Sie sind bundesweit beliebt als Wochenendausflug für Städter mit Kindern, sozusagen als kostenloser Streichelzoo in der Nähe. Aber was soll junge Berufsanfänger aufs Land locken? Den meisten scheint ein sauberer Arbeitsplatz am Schreibtisch oder ein solides Handwerk interessanter. Deshalb muss das Image von Gummistiefeln und Misthaufen den heutigen Tatsachen angepasst werden. Hans-Christian Bär umreißt, wie abwechslungsreich die verschiedenen grünen Berufe sind. Beim Deutschen Bauernverband ist er für die Berufsausbildung zuständig:

Heute ist in Land- Forstwirtschaft und Gartenbau eben Technik gefragt; man muss mit der Technik umgehen können, modernsten Computern; man muss Chemie beherrschen, um Pflanzenschutzmittel einsetzen zu können, man muss die Biologie der Pflanze wissen, also viele Dinge; das zeigt schon: hier muss eine qualifizierte Ausbildung Grundlage des späteren beruflichen Werdens sein.

Und mit dieser Ausbildung erlernen die Schulabgänger Berufe, die früher vor allem harte körperliche Arbeit bedeuteten:

Die Knochenarbeit ist nicht mehr das, was uns prägt. Wir haben modernste Technik heute auf Schleppern, auf Mähdreschern; alle Geräte sind mit Kabinen versehen und erfordern eben nicht mehr die Knochenarbeit sondern das feine Händchen.


Und wer das hat, der kann auch in der Landwirtschaft sein Auskommen verdienen.

Die Entlohnung richtet sich dann aber auch nach der Qualifikation und den Arbeitsfeldern.

Und die sind weit gefächert. Auf großen Höfen werden heute Spezialisten beispielsweise für die Fleischproduktion oder Milcherzeugung benötigt. Und diese Fachkräfte verdienen gutes Geld. Trotzdem war für Erich Jennewein die Entscheidung, Landwirt zu werden nicht von vorneherein klar. Er bewirtschaftet mit seinem Vater einen Hof in Familienbesitz, auf dem er auch aufgewachsen ist. Er wusste um den hohen Arbeitsaufwand, schätzt aber die Freiheit und Abwechslung an seinem Beruf:

Dennoch ist es so, dass bei mir auch die Überlegung da war, eventuell in andere Bereiche hinein zu schauen, was ich auch getan habe und bin immer wieder zurückgefallen auf den Bereich der Landwirtschaft, weil der Beruf an sich ein Spektrum bietet, das man in keinem anderen Beruf meiner Meinung nach finden kann.

Es ist vor allem die Vielseitigkeit, die ihn überzeugt hat. Computer und moderne Maschinen auf er einen, Tiere und Natur auf der anderen Seite:

Wenn man sieht, wie ein kleines Korn zu einer großen Pflanze heranwächst und dann dazu beiträgt, ein Landschaftsbild zu prägen, dann hat das einen Umfang, mit dem man sich beschäftigt, den kein anderer Beruf in der Form bieten kann.

Und dass er nach acht Stunden Arbeit nicht jeden Tag alles stehen und liegen lassen kann, liegt nicht unbedingt an der Landwirtschaft:

Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, das ist wie in jedem selbständigen Beruf auch. Wir haben Arbeitszeiten, die in einem ganz normalen Bereich liegen und wir haben Spitzenzeiten, wo wir natürlich länger arbeiten. Aber dieses Schicksal trägt jeder Selbstständige mit sich selbst. © DeutschlandRadio

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