Deutschlandfunk: Umwelt und Landwirtschaft
Manuskript vom: 3.12.2002
• 16:35
Schädlingsbefall Immer wieder finden Förster und Waldbesitzer in den Hochlagen von Eifel,
Bergischem Land und Sauerland kranke Buchen. Die Bäume haben aufgeplatzte Rinden,
nur wenige Blätter und Kronen, die absterben. Das bedeutet nicht nur einen ökologischen
Verlust. Das Holz der Buchen verliert an Wert. Der Schaden kann bis zu 50 Prozent
des ursprünglich zu erwartenden Verkaufswerts betragen. Dabei sind die Waldbesitzer
seit den letzten Orkanen und dem jüngsten Fönsturm in den Alpen ohnehin von
Verlusten betroffen. Und jeder Sturm heißt nicht nur einen größeren Arbeitsaufwand,
sondern auch eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber Schädlingen:
Wenn der Sturm zur Ruhe gekommen ist, herrscht in den Wäldern Hochbetrieb.
Tausende von Bäumen müssen auf Traktoren geladen und schnell zum Sägewerk gebracht
werden. Die Eile ist geboten, weil nun die Stunde des Borkenkäfers schlägt.
Doch inzwischen befällt der Borkenkäfer nicht nur schwaches und krankes Holz.
Der sogenannte Holzbrüter macht sich auch über gesunde Bäume her. Das wissen
die Förster in den belgischen Ardennen. Seit 1999 haben sie eine hohe Befallsrate
mit holzbrütenden Borkenkäfern bei den Buchen festgestellt. 13 Prozent der Buchen
sollen dort bereits geschädigt sein. Um die Ausbreitung zu stoppen, wurden 1
Million Festmeter Holz geschlagen. Dabei sind die Spuren, die der sogenannte
Laubnutzholzborkenkäfer im Holz hinterlässt, für den Laien schwer zu erkennen.
Diplom-Forstingenieur Oliver Dreger von der Waldarbeitsschule Neheim im Sauerland,
weiß, wann die Löcher im Stamm der Buche auf einen Holzbrüter hinweisen:
Hier sehen Sie den Schaden von einem Holzbrüter, man sieht, dass ein gerader
Gang in das Splintholz reingeht, die Gänge sind von den Larven gemacht. Das
Muttertier hat dann an einem Gang Eier abgelegt, und von dort aus ging es dann
für jede Larve im Einzelkampf weiter.
Ein weitverzweigtes System von Gängen entsteht, das bis zu 12 cm tief in den
Stamm reichen kann. Der Borkenkäfer arbeitet dabei allerdings nicht allein,
er bringt einen Pilz mit. Diesen Pilz braucht er, weil er selber das Holz direkt
nicht verdauen kann. Der Pilzbefall kann den Schaden jedoch noch vergrößern.
Oliver Dreger:
Durch die Anlage des Ganges ist eine Eintrittspforte auch für andere Pilzsporen,
die ja wirklich durch die Luft verdriftet werden, gegeben. Und dann kann es
sein, dass dort ein anderer Pilz mit einem anderen Schaden dort eingeschleppt
wird, und plötzlich kommt eine Entwicklung in Gang, wo es dann auch zu Fäulnis
im Holz kommen kann.
Der Schädlingsbefall richtet sich vor allem nach der Witterung. Klimaveränderungen
spielen eine Rolle. Denn trockene Phasen wie im Jahr 2000 beeinflussen auch
die Feuchtigkeit des Holzes. In einem Feuchtebereich von 30 bis 80 Prozent kann
sich dann der Pilz des holzbrütenden Borkenkäfers besonders gut entwickeln.
Je stärker die Entwicklung, desto stärker auch die Ausbreitung der Pilze. Sie
dringen in die Leitungsbahnen ein. Die Folge ist: Der Baum verwelkt und stirbt
ab. Solche Bäume müssen gefällt werden, weil sie jederzeit umbrechen und damit
zur Gefahr werden können. Deshalb ist es wichtig, dass Forstleute wie Oliver
Dreger die Bäume regelmäßig untersuchen und nachschauen, ob die Borkenkäfer
Bohrmehl hinterlassen haben:
Das Bohrmehl wird nach außen transportiert. Gottseidank für uns, da wir
dadurch überhaupt eine Möglichkeit haben, den Befall festzustellen. Denn um
das Einbohrloch herum sind dann Häufchen auch angelegt, von weißem Bohrmehl.“
Dann ist schnelles Handeln geboten. Denn auch im Wald gilt der integrierte
Pflanzenschutz. Die chemische Keule ist verpönt. Eingreifen sollte man dann,
ehe sich das Insekt entwickeln kann. Oliver Dreger:
Als wechselwarmes Tier ist es ja in einer Winterstarre, dann kann man eigentlich
ganz galant, ehe es zu Problemen kommt, das Holz zur Verarbeitung weiterleiten.
Das wäre eine Möglichkeit. Eine weitere Möglichkeit ist, dass man z.B. die Bäume
von der Rinde befreit, so dass der Stammmantel sehr schnell austrocknet. Das
Holz wird dann im Wald zwischengelagert. Und indem der Stamm antrocknet, ist
das schon eine Barriere für holzbrütende Instekten.
Und damit für ihre Weiterverbreitung, die andere gesunde Bäume schädigen würde.
Diese Gefahr, die vom holzbrütenden Borkenkäfer ausgeht, besteht auch in den
Wäldern, die durch den Fönsturm in den Alpen geschädigt wurden, betont Oliver
Dreger:
Das ist gar keine Frage. Wenn solche Ereignisse einhergehen, dann ist es
ja häufig so, dass mit einer gewissen Verzögerung vielleicht von einem oder
zwei Jahren, in denen sich erst einmal eine starke Population aufbaut, dass
es dann auch zu Schäden kommt.
Borkenkäfer schädigt auch gesunde Bäume
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