Landwirtschaft in Nord und Süd, Ost und West?

Ist es Ihnen auch schon einmal aufgefallen, dass die Landwirtschaft sich regional stark unterscheidet? In den alten Ländern gibt es überwiegend Familienbetriebe, in den neuen Ländern auch Agrargenossenschaften und Kapitalgesellschaften. In Gebieten, in denen Wein, Hopfen, Obst, Gemüse oder andere Sonderkulturen angebaut werden, benötigen die Bauern nicht viel Fläche, in den Ackerbauregionen dafür um so mehr. Die Betriebe im Norden sind im allgemeinen größer als im Süden. Denn hier wurde der Hof stets nur an einen Erben weitergegeben (Anerbenrecht), im Süden dagegen wurde das Land häufig auf alle Kinder aufgeteilt (Realteilung).

FelderIn den neuen Ländern hinterließ die jüngere Geschichte starke Spuren. Nach dem Krieg enteignete 1949 die damalige DDR alle Betriebe über 100 ha und siedelte sie teilweise auf. Später wurden diese Höfe zwangsweise in Landwirtschaftliche Produktions- Genossenschaften (LPG) und Volkseigene Güter (VEG) zusammengefasst. Die Preise für Agrarprodukte waren von der Regierung festgesetzt und sehr viel höher als in Westdeutschland. Mit der Wiedervereinigung galten auf einmal die niedrigeren EU-Marktpreise. Dies brachte viele Betriebe in Schwierigkeiten. Hunderttausende Menschen verloren binnen kurzem ihren Arbeitsplatz. Viele frühere Eigentümer wollten ihr Land wieder allein oder mit anderen Partnern bewirtschaften. Oder sie sahen für sich keine Zukunft in der Landwirtschaft und verpachteten ihre Flächen. Bei manchen Betrieben sind heute noch die Besitzverhältnisse strittig. Deshalb sind in den neuen Ländern 90% der bewirtschafteten Flächen von den Betrieben gepachtet, in den alten Ländern sind es nur 47%. Als Folge von Betriebsumwandlungen gibt es heute drei große Kategorien von Betrieben:

Die Einzelunternehmen sind in ihren Strukturen äußerst heterogen. Einerseits entstanden Betriebe mit vergleichsweise kleinen Kapazitäten. Viele werden sich vermutlich zu Nebenerwerbsbetrieben entwickeln. Daneben gibt es aber Ackerbaubetriebe mit Flächen um 300 bis 500 ha LF und viehhaltende Betriebe mit 100 bis 200 ha LF, die von wachsenden Einkommen aus der Landwirtschaft ausgehen, in erheblichem Umfang investieren und wettbewerbsfähige Strukturen entwickeln. Die mittlere Betriebsgröße liegt bei 49 ha.

Personengesellschaften erreichen 1996/97 eine durchschnittliche Betriebsgröße von 186 ha LF. Sie haben relativ wenige Arbeitskräfte. Wie der Name es schon sagt, haben sich hier oft mehrere Bauern zusammengetan. Zum Teil sind auch bloße Landeigentümer oder Kapitalgeber Mitglied einer solchen Gesellschaft.

Eingetragene Genossenschaften und Kapitalgesellschaften haben eine durchschnittliche Betriebsgröße von 1.473 ha LF. Je Betrieb werden 40 bis 50 Arbeitskräfte beschäftigt. Bei juristischen Personen werden Löhne und Gehälter an alle Arbeitnehmer gezahlt ­ auch wenn sie, was häufig der Fall ist, Miteigentümer des Unternehmens sind.

Übrigens: 1 ha hat 10.000 m2, und LF heißt landwirtschaftlich genutzte Fläche.

 

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